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IMPERFECTA
Krimis von der Alb
Vierzehn Kriminalerzählungen von der Alb. Nix Spätzle, nix Häuslebauen sondern Geschichten von Menschen, die ganz normal leben, lieben und hassen wie ihre Nachbarn - und notfalls auch morden oder es ansonsten mit dem Gesetz nicht immer genau nehmen.
LETZTE FRIST FÜR MALTE: Kusine Jorunn bekommt Probleme mit einem Taugenichts. IMPERFECTA: Ein totes Baby, eine heimtückische Erbkrankheit und Mord im perfekten Kleinstadtidyll halten in Sigmaringen Kommissar Müllerjahn auf Trab. DÜNNES BLUT auf dem Brieföffner wird zu wenig beachtet. Ein WASSERSCHADEN und ein PATENGESCHENK haben ungeahnte Ursachen und finale Wirkungen.
GROSSDRUCK
Geselle, Marlene
© 2009
Imperfecta - Krimis von der Alb
Books on Demand, Norderstedt
Taschenbuch, 224 Seiten; 13,90 Euro
ISBN: 978-3-8370-9156-4
Leseprobe Nr. 1
Letzte Frist für Malte
... Erstklassige Figur, dezentes Makeup, schlichte aber edle Garderobe und das selbstsichere Auftreten einer Frau, die weiß wer und was sie ist. Oleg pfiff anerkennend; mit echten Damen kam er nur selten zusammen. Vitjok verpasste ihm für seine Frechheit einen dezenten aber kräftigen Tritt vors Schienbein. Jorunn ignorierte dies, bat die Besucher, Platz zu nehmen. Oleg langte ungeniert bei den Keksen zu, was die Gastgeberin zum Schmunzeln brachte. Vitjok genoss den Kaffee, den die junge Frau ihm einschenkte. Ihm fehlte das Mittagessen.
"Vielen Dank dass Sie uns so kurzfristig empfangen, Frau von der Roers", steuerte Vitjok vorsichtig auf den Grund ihres Besuchs zu. "Ich weiß nicht, ob Ihr Vetter Malte schon Zeit hatte, mit Ihnen über die Angelegenheit zu sprechen."
"Ich bin über die Geschichte informiert", antwortete Jorunn mit freundlicher Sachlichkeit, als handelte es sich bei Maltes Schulden um eine kleine Steuerangelegenheit, die sich in einem Gespräch mit dem zuständigen Finanzbeamten schnell und unbürokratisch regeln ließe. "Malte schuldet Ihrem Auftraggeber 20.000 Euro, die er nicht besitzt und auch mittelfristig nicht aufbringen kann."
Vitjok atmete unmerklich auf. Nichts hasste er mehr, als weinenden oder gar hysterischen Frauen klarmachen zu müssen, in welchem Schlamassel ihre Herzallerliebsten gerade steckten. Da war ihm beinahe die Sorte Partnerin lieber, die den Versuch unternahm, in Naturalien die hässliche Angelegenheit aus der Welt zu schaffen. Diese waren wenigstens leicht zu übertölpeln, ein Versuch, den er hier und jetzt erst gar nicht unternahm. Sein Gegenüber mochte grüne Augen haben, ein Kätzchen war Jorunn von der Roers deswegen noch lange nicht.
"Es ist nicht das erste Mal", seufzte Vitjok. "Mein Auftraggeber ist mehr als verärgert. Und ich weiß nicht, ob Sie, Frau von der Roers, mich wirklich verstanden haben. Es geht dem Burschen an den Kragen, heute noch!"
Jorunn begriff die meisten Dinge des Lebens vollkommen richtig, wie sie ihren Besuchern gegenüber betonte. Für den Ärger ihres Auftraggebers zeigte sie volles Verständnis.
"Lassen Sie es mich so formulieren, meine Herren", brachte sie die Sache auf den Punkt. "Malte ist ein Problem, das ein für alle Male gelöst werden muss. Das betrifft sowohl mich als auch Ihren Auftraggeber. Manchmal ist es einfach unumgänglich, etwas mit Schrecken zu beenden als einen Schrecken ohne Ende bewältigen zu müssen. Da hilft alles nichts."
"Verstehe keine Silbe", murrte Oleg. "Heißt das, dass Sie uns die Knete nicht geben wollen?"
Vitjok verpasste seinem Schützling einen weiteren Tritt vors Schienbein.
Leseprobe Nr. 2
Imperfecta
... Dr. Bechtersheimer zuckte beinahe entschuldigend mit den Schultern, als er bei Müllerjahns Besuch in der Pathologie in dessen tief enttäuschtes Gesicht blickte. "Tut mir Leid, Müllerjahn, aber da wird nicht viel zu machen sein. Osteogenesis imperfecta vom Typ I ist der Typ Glasknochenkrankheit, der sich am besten verbergen lässt. Man sieht den Leuten nichts an, zudem lässt die Krankheit oft mit Beginn der Pubertät nach, verschwindet manchmal sogar völlig. Auf er anderen Seite kommt es ziemlich häufig zu Spontanmutationen. Nicht einmal mit einer Massenuntersuchung in Kleinhechmandingen werden Sie auf der sicheren Seite sein."
"Sie glauben wohl auch nicht daran, dass ein Fremder das Kind woanders getötet und rein zufällig dort verscharrt hat?"
Der Gerichtsmediziner grinste müde: "Durch Kleinhechmandingen rast man mit überhöhter Geschwindigkeit, wenn man nach Reutlingen muss, aber man fährt nicht extra hin, um eine Leiche zu vergraben. Das glaube ich erst, wenn ich es sehe."
"Sonst noch Nachrichten, auf die ich eigentlich verzichten könnte?", erkundigte sich der Kommissar.
"Es war ein Mädchen, das höchstens wenige Tage gelebt hat. Unter Umständen starb die Kleine schon bei der Geburt. Die Leiche lag zirka zwei Jahre dort."
"He, das lässt sich doch hören", atmete Müllerjahn erleichtert auf. "Zwei Tage wühlen in Datenbergen, und ich habe die Mutter. Der Rest kommt von alleine. Raubüberfälle mit Maskierten sind kompliziert, Tötungsdelikte nicht."
"Da freuen Sie sich besser nicht drauf", bekam der Polizeibeamte einen Dämpfer. "Wenn das Kind von hier stammt, wurde es nicht in einem Krankenhaus oder von einer regulären Hebamme auf die Welt geholt. Das wüsste ich. In einem solchen Falle hätte man das Kleine obduziert, allein um die Haftungsfrage zu klären. Tote oder kurz nach der Geburt verstorbene Babys nimmt man nicht mehr so einfach hin wie noch in den Achzigern."
Müllerjahn grummelte, wünschte sich zurück ins Drogendezernat. Dort hatte er es nur mit Dealern, Fixern und einem bisschen Beschaffungskriminalität zu tun.
"Das ist leider noch nicht alles", unterbrach der Gerichtsmediziner Müllerjahns verhaltenes Frustschimpfen. "Ich hatte enorme Schwierigkeiten, die einzelnen Abschnitte richtig zuzuordnen, so ähnlich sind sie sich. Die Eltern des Kindes sind miteinander verwandt, sehr eng. Bei dem kleinen Genpool hier zu Ländle sind die Verwandtschaftsverhältnisse nicht immer eindeutig zu bestimmen."
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